Angaben zum Begriff
Bevorzugte Bezeichnung
Begriffs-Schema: https://vocabs.acdh.oeaw.ac.at/traveldigital/ConceptScheme
Definition
- bdk: Profanbau | Duden: 1. unterirdisches röhrenförmiges Bauwerk, besonders als Verkehrsweg durch einen Berg, unter einem Gewässer hindurch o. Ä. | 2. unterirdischer Gang | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1909: Tunnel (engl., »Trichter, Röhre«, v. altfranz. tonnel, Tonne; hierzu die Tafel »Tunnelbau« mit Text), ein wesentlich wagerechter Gang (Stollen) von solchen Abmessungen, daß ein Verkehrsweg (Straße, Schiffahrtkanal, Eisenbahn) durch das Erdinnere geführt werden kann. Stollen zu Entwässerungszwecken, aber auch wirkliche Verkehrstunnel sollen schon von Assyrern und Babyloniern hergestellt worden sein. Die großartigen Felsengräber der Ägypter, die gewaltigen Felsentempel Nubiens und Indiens sind hierher gehörige Bauten. Sie sind mit bloßem Handwerkszeug aus dem härtesten Felsen herausgearbeitet. Zweifellos war aber im alten Äthiopien und Ägypten das Feuersetzen (s. d.) bereits im Gebrauch, auch die Diamanten haben schon längst ein wichtiges Hilfsmittel zur Bearbeitung der Steine geboten. Bei den ältesten Tunnelbauten findet sich keinerlei. Gemäuer. Die Azteken und Peruaner hatten Felsentunnel für ihre Wasserleitungen. Semiramis hat die Durchtunnelung der Gebirge von Baghistan und Zaracocus ins Werk gesetzt, und in Babylon ist ein T. unter dem Euphrat zur Verbindung des königlichen Palastes mit dem Tempel des Jupiter Belos ausgeführt worden, der mit Backsteinen ausgemauert, 3,7 m hoch, 4,6 m weit und vermutlich gegen 900 m lang war. Dieser war aber gewiß ein »Tagbau«, d. h. in einem offenen Einschnitt hergestellt und nachher zugeschüttet; nach Herodot hat man, um diesen Gang und die gleichzeitige Brücke herzustellen, den Euphrat abgeleitet. | Die Römer, im Tunnelbau vermutlich Schüler der Etrusker, bauten T. für Verkehrswege, Entwässerungen, Wasserleitungen, im Felsen und in Erde, in Italien und wo immer ihre Eroberungen sie hinführten. Die Emissaria oder Entwässerungstunnel gehören zu den großartigsten und vollendetsten Ingenieurbauten des Altertums. Von den Wegtunneln aus der Römerzeit sind zu nennen jener auf der Flaminianischen Straße durch die Apenninen, von Vespasian erbaut, und der bis heute bestehende und benutzte T. durch den Posilipp zwischen Neapel und Puzzuoli, der ungefähr 36 v. Chr. durch Coccejus erbaut wurde.[802] Seine ursprüngliche Länge wird zu 1000 Schritt, seine Höhe zu 30 Fuß, seine Weite zu 25 Fuß angegeben. 359 n. Chr. wurde ein T. 7–8 Fuß hoch, 5 Fuß weit und 6000 Fuß lang hergestellt, um den Albaner See abzulassen. Fünfzig Schächte (putei) wurden längs seiner Linie abgeteuft zur Schaffung vermehrter Angriffspunkte und zur Lüftung. Ein ähnliches Werk ist der T. zur Ableitung des Fucinussees in den Lirisfluß, an dem unter Kaiser Claudius 30,000 Mann elf Jahre lang gearbeitet haben, und der 52 v. Chr. vollendet wurde. Nach Livius betrug seine Länge gegen 6 km, seine Höhe 5,8 m, seine Weite 2,8 m. Längs seiner Achse waren 22 teils seigere (lotrechte), teils donlägige (geneigte) Schächte abgeteuft worden. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches ist, bis auf einige Entwässerungstunnel in Spanien, während eines Jahrtausends nichts Nennenswertes auf dem Gebiete der Tunnelbaukunst geschehen. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 802-805. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007615175