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toskanisch  

Definition

  • Duden: die Toskana, die Toskaner betreffend; von den Toskanern stammend, zu ihnen gehörend | [Anm.: unvollständig: die Toskana, die Toskaner betreffend; von den Toskanern stammend, zu ihnen gehörend; in der Toskana gelegen] | Duden: Toskana: mittelitalienische Region | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1909: Toskāna, ehemaliges Großherzogtum, jetzt Landschaft (compartimento) des Königreichs Italien, grenzt an Ligurien, Emilia, Marken, Umbrien, Latium, das Tyrrhenische Meer und umfaßt die Provinzen: Arezzo, Florenz, Grosseto, Livorno, Lucca, Massa e Carrara, Pisa und Siena mit 24,104 qkm (437,8 QM.) Areal und (1904) 2,609,587 Einw. Vgl. die Geschichtskarte bei Artikel »Italien«. – T. ist das alte Tuscien oder Etrurien (s. d.). Nach dem Untergang des weströmischen Reiches (476 n. Chr.) herrschten in dem Lande zwischen dem Macrafluß und dem Tiber Ostgoten, dann Griechen, darauf Langobarden. Unter der Herrschaft der letztern zerfiel T. in mehrere Herzogtümer (Lucca, Florenz, Chiusi) und Gastaldate. Nach der Vereinigung des langobardischen mit dem fränkischen Reiche bildete es eine Markgrafschaft, deren Markgrafen mehrfach auch über das Herzogtum Spoleto und die Markgrafschaft Camerino gesetzt waren. Das Amt kam um 1030 an den Markgrafen Bonifaz aus dem Hause Canossa, der zugleich Graf von Modena, Reggio, Mantua und Ferrara und der reichste und mächtigste Fürst in Italien war. Ihm folgte 1052 seine Gemahlin Beatrix, die zunächst für ihren unmündigen Sohn Friedrich (gest. 1055), dann für ihre Tochter Mathilde mit ihrem zweiten Gatten, Gottfried von Lothringen, und darauf mit ihrer Tochter selbst regierte und 1076 starb. Beatrix und Mathilde (s. d. 3) waren eifrige Anhängerinnen des Papsttums und spielten in der italienischen Geschichte des 11. Jahrh. eine bedeutende Rolle. Nach dem Tode der Mathilde (1115) gelangten im Laufe des 12. Jahrh. die größern städtischen Gemeinwesen Florenz, Siena, Pisa, Lucca, Arezzo u. a. zu munizipaler Unabhängigkeit und bemächtigten sich demnächst des mathildinischen Erbes, soweit es in T. gelegen war. Unter ihnen erlangte Florenz die größte Macht und vereinigte im 14. und 15. Jahrh. den größten Teil von T. mit seinem Gebiet, so daß die Familie Medici, als sie in Florenz zur Herrschaft kam, damit auch die Herrschaft von T. gewann. Am 1. Mai 1532 erhob der Kaiser Karl V. seinen spätern Eidam, Alexander von Medici, zum erblichen Herzog von Florenz. Dessen Nachfolger Cosimo I. (1537–74) vergrößerte sein Gebiet 1555 durch die Erwerbung Sienas und wurde 1569 von Papst Pius V. zum Großherzog von T. ernannt; sein Nachfolger Franz (1574–87) ward in dieser Würde vom Kaiser (1576) bestätigt. Dieser hatte seinen Bruder Ferdinand, bisher Kardinal (gest. 1609), zum Nachfolger. Unter den folgenden Herzogen, Cosimo II. (gest. 1621), Ferdinand II. (gest. 1670) und Cosimo 111. (gest. 1723), sank die Blüte des Staates sichtlich. Gemäß dem Wiener Frieden von 1735 fiel T. nach dem Tode des letzten Medici, Giovanni Gasto (1737), an den Herzog Franz Stephan von Lothringen, Gemahl Maria Theresias von Österreich und nachmaligen Kaiser Franz I. Ihm folgte 1765 sein zweiter Sohn, Großherzog Leopold, unter dessen aufgeklärter Regierung die geistige und materielle Entwickelung des zu einer österreichischen Sekundogenitur erklärten Landes durch weise Reformen außerordentlich gehoben wurde. Als Leopold 1790 Kaiser ward, folgte ihm in T. sein zweiter Sohn, Ferdinand III., der im Sinne seines Vaters regierte. 1793 trat er der Koalition gegen Frankreich bei, schloß aber schon 1795 einen Neutralitätsvertrag mit der Republik. Nachdem Bonaparte dessen ungeachtet 1796 Livorno besetzt hatte, wurde 1797 der Abzug der Franzosen mit 1 Mill. Frank erkauft; aber schon im März 1799 rückten sie wieder in T. ein und nötigten den Großherzog, das Land zu verlassen, das er 1801 im Frieden von Lüneville gegen Salzburg abtreten mußte. T. wurde nun zu einem Königreich Etrurien umgeschaffen, das dem Infanten Ludwig von Parma zufiel. Aber schon 27. Okt. 1807 wurde das neue Königreich durch den Vertrag von Fontainebleau zwischen Frankreich und Spanien gegen das nördliche Portugal an Frankreich abgetreten und durch Dekret vom 24. März 1808 damit vereinigt. Am 2. März 1809 verlieh Napoleon seiner Schwester Elisa Bacciocchi den Titel einer Großherzogin von T. Nach dem Sturze Napoleons I. erhielt Ferdinand 1814 T. zurück, dazu durch die Wiener Schlußakte 1815 das Fürstentum Piombino, den ehedem zu Neapel gehörigen Stato degli Presidj, die Insel Elba und die Anwartschaft auf die Erbfolge in Lucca. Ferdinand III. starb 18. Juni 1824; ihm folgte sein Sohn Leopold II., der, von seinem Minister, dem Grafen Fossombroni, unterstützt, im Sinne seines Großvaters und Vaters zu regieren sich bemühte. Straßenbauten, großartige Arbeiten zur Entwässerung der Maremmen, Erweiterung des Hafens von Livorno, Industrieausstellungen, Reorganisation des Unterrichtswesens zeugten von dem Eifer und der Einsicht der Regierung; und erst seit dem Tode Fossombronis (1844) machte sich der reaktionäre Einfluß Österreichs auch in T. deutlich fühlbar. Infolge des Verzichtes des Herzogs Karl von Lucca ergriff der Großherzog von T. im Oktober 1847 von Lucca Besitz und trat Fivizzano an Modena, Pontremoli an Parma ab. Die Nachwirkungen der Pariser Februarrevolution riefen 1848 auch in T. eine Volkserhebung hervor. Schon vorher hatte der Großherzog 17. Febr. eine liberale Konstitution proklamiert. Es folgten der Erlaß eines neuen Preßgesetzes (21. Mai), die Errichtung von Ministerien[632] des Kultus und Unterrichts (5. Juni) und die Eröffnung der Kammern (26. Juni), ohne daß die revolutionäre Partei befriedigt worden wäre. Das im August eingesetzte Ministerium Capponi ergriff strengere Maßregeln; als aber bei einem Aufstand in Livorno, wo Guerrazzi (s. d.) der Hauptführer der Bewegung war, 25. Aug. das Militär gemeinschaftliche Sache mit den Aufständischen machte und in Florenz das Volk sich erhob, warf sich der Großherzog eingeschüchtert der demokratischen Partei in die Arme und berief ein Ministerium Montanelli-Guerrazzi, flüchtete aber 23. Jan. 1849 nach Siena und 21. Febr. nach Gaeta. Schon 8. Febr. setzte die Deputiertenkammer eine provisorische Regierung ein, die eine konstituierende Versammlung einberief. Diese übertrug 27. März Guerrazzi die Diktatur. Gleichzeitig aber begann in Florenz die Gegenrevolution und siegte mit Hilfe der herbeigezogenen Truppen und der Nationalgarden so schnell, daß bereits 11. und 12. April die Republik beseitigt war. Eine Deputation lud Leopold zur Rückkehr ein; dieser ernannte 1. Mai von Gaeta aus den General Serristori zum außerordentlichen Kommissar und berief am 24. ein neues Ministerium unter Baldasseroni. Schon 12. Mai ward der Widerstand Livorno von den Österreichern besiegt, und am 25. rückten diese in Florenz ein. Der Großherzog proklamierte bei seiner Rückkehr 28. Juli zwar eine umfassende Amnestie, schloß aber 1850 mit Österreich eine Militärkonvention, der zufolge 10,000 Mann Österreicher zunächst in T. blieben, und 1851 mit Rom ein Konkordat, das der Kirche unumschränkte Freiheit gewährte; durch Dekret vom 8. Mai 1852 wurde die Verfassung von 1848 außer Geltung gesetzt und die unbeschränkte Souveränität des Großherzogs hergestellt. Die österreichischen Truppen räumten T. erst im Frühjahr 1855. Als nach dem Ausbruch des Krieges zwischen Österreich und Frankreich im Frühjahr 1859 der Großherzog den Anschluß an Sardinien abgelehnt hatte, brach 27. April ein Aufstand in Florenz aus, der Leopold veranlaßte, das Land zu verlassen. Es wurde sofort eine provisorische Regierung eingesetzt und der König von Sardinien zum Diktator ausgerufen. Dieser lehnte zwar die Diktatur ab, übernahm jedoch das Protektorat über T. und ernannte seinen Gesandten in Florenz, Boncompagni, zum General kommissar während der Dauer des Unabhängigkeitskrieges. Großherzog Leopold II. entsagte 21. Juli dem Thron zugunsten seines ältesten Sohnes, Ferdinands IV., der durch eine Proklamation an die Toskaner Aufrechthaltung der Verfassung und Anerkennung der Rechte der Nation verhieß. Dessenungeachtet beschloß die am 11. Aug. zusammengetretene Landesversammlung schon am 16. die Thronentsetzung des Hauses Lothringen, und nach der Volksabstimmung vom 11. und 12. März 1860 erfolgte 22. März die Vereinigung Toskanas mit dem neuen Königreich Italien. Am 16. April hielt Viktor Emanuel in Florenz seinen Einzug. Die entthronte großherzogliche Familie lebt in Österreich. Vgl. Repetti, Dizionario geografico, fisico, storico della T. (Flor. 1833–46, 6 Bde.); Rena und Camici, Serie degli antichi duchi e marchesi di T. (das. 1764–87); Galluzzi, Storia del granducato di T. sotto il governo della casa Medici (das. 1781, 9 Bde., u. ö.); Ricasoli und Ridolfi, T. ed Austria (das. 1859); A. Zobi, Storia civile della T. dal 1737 al 1848 (das. 1850–52, 5 Bde.); E. H. Napier, Florentine history (Lond. 1847, 6 Bde.); v. Reumont, Geschichte Toskanas seit dem Ende des florentinischen Freistaats (Gotha 1876–77, 2 Bde.); Poggi, Memorie storiche del governo della T. 1859–1860 (Pisa 1871, 3 Bde.); v. Wurzbach, Die Großherzoge von T. (Wien 1883), und die Textbeilage zu den Tafeln »Orden«. | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 632-633. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/2000759500X

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