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tunesisch  

Definition

  • Duden: Tunesien, die Tunesier betreffend; von den Tunesiern stammend, zu ihnen gehörend | [Anm.: unvollständig: Tunesien, die Tunesier betreffend; von den Tunesiern stammend, zu ihnen gehörend; in Tunesien gelegen] | Duden: Tunesien: Staat in Nordafrika | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1909: Tunis (Tunesien, bei den Arabern Ifrikija), einst Vasallenstaat des türk. Reiches in Nordafrika (s. Karte »Algerien etc.«), seit 1881 (nähere Bestimmungen 1883) Schutzstaat Frankreichs, zwischen Mittelländischem Meer, Tripolis und Algerien, 167,400 qkm mit 1,5–1,8 Mill. Einw. Von dem 651 km langen Küstensaum ist der Osten flach, sandig und unfruchtbar, der Norden hoch, steil und felsig, mit zahlreichen Vorgebirgen (Kap Blanc, Bon). Von NO. dringt der Golf von T. ein, von O. die von Hammamet und von Gabes (Kleine Syrte); vor letzterm liegen die Inseln Kerkenah und Dscherba. Für die Oberflächengestalt lassen sich vier Regionen unterscheiden: 1) das bergige Tell, mit Wäldern, Maisfeldern und Weiden, 2) das Küstenland Sahel mit Oliven, von ehemals großer Fruchtbarkeit, das auch die Hoffnungen für die Zukunft birgt, 3) die Hochflächen (Dschebel Mechila 1477 m), mit Korn, Vieh und Halfa (ein Drittel nicht kultivierbar), 4) die tunesische Sahara, wasserarm mit Ausnahme der Oasen. Zwischen den Schotts Gharsa (-21 m) und El Dscherid (vielleicht Lacus Tritonis der Römer) liegt die dattelreiche Landschaft Biled ul Dscherid (s. d.). Die meisten Bäche und Flüßchen (Wadi) aus den quellenreichen Gebirgen verlieren sich im Sand oder sind nur Küstenflüsse von kurzem Lauf, so daß kein Fluß schiffbar ist. Der bedeutendste ist der Medscherda (s. d.), der bei Porto Farina ins Mittelmeer mündet und die Uferlandschaften durch Schlammablagerungen befruchtet, nächst ihm Wadi el Kebir und Wadi el Miliana; die großen Ebenen des Innern sind sehr wasserarm. In seinem geologischen Bau (s. Afrika, S. 136) schließt sich T. an Algerien eng an. Abgesehen von einer Reihe vulkanischer Bildungen an der Küste von der Insel Galita westwärts nach Algerien zu, bestehen die nördlichen Gebirge, Ausläufer des Großen Atlas (s. d., S. 48), aus stark gefaltetem Jura, Kreide und eocänem Nummulitenkalke; große Zerrissenheit, geologisch wie orographisch, ist das Kennzeichen des tunesischen Atlas, die dadurch erklärt wird, daß neben dem Hauptdruck von N. ein schwächerer von O. gekommen[799] ist. Miocäne Ablagerungen gibt es im Gebiet der Schotts (s. Schott), Mineralquellen bei Tunie (Hammam el Enf), zu Gurbos, Tozer und Gafsa. Mineralprodukte sind an der Küste Salz, Salpeter bei Kairuan, Zink- und Bleierze an sehr vielen Stellen, besonders am Dschebel Resas (Bleiberg) bei Tunis und bei Dschebba im Korragebirge, Eisenerze bei Tabarka, Kupfer und Quecksilber bei Ouled Sultan, Gold im Sande bei Sidi Bussaïb bei Karthago, Phosphorite am Dschebel Nasser Allah südlich von Kairuan, bei Gafsa, Zaghuan etc. Der nordöstliche Teil von T. ist am fruchtbarsten. Das Klima zeigt große Gegensätze nach der Lage; man unterscheidet vier Zonen; Küste, höhere und niedere Plateauerhebungen und Oasen. An der Küste ist es gemäßigt, gleichförmig und gesund, der Winter gleicht unserm Frühjahr, im Juli und August steigt unter dem Einfluß der Glutwinde aus der Sahara das Thermometer bis über 40°; Tunis Jahrestemperatur: 19,6°, Januar 11,3°, April 18,1°, Juli 27,3°, Oktober 21,7°; doch kommt auch Kälte im Winter vor. In Souk el Djemaa (1058 m) ist die Jahreswärme 13,9°, Januar 3,9° (bei Kältegraden bis -7°). Regenmenge Küste 70 cm, im Innern weniger; doch tritt dafür Taufall ein. Von Oktober bis April regnet es häufig. Die Vegetation hat mediterranen Charakter. Hier wachsen neben niedrigen Palmen (Chamaerops), Agaven, Tamarinden und Ficus-Arten (Acanthodactylus, Varanus, Agama u. a.) Dattelpalmen und Bananen, Orangen, Granaten, Mandeln, Oliven, Johannisbrotbäume etc. Die früher arg verwüsteten Wälder suchen die Franzosen wieder aufzuforsten. T. gehört zoogeographisch der mittelländischen Subregion der paläarktischen Region an. Unter den Säugetieren sind charakteristisch die Springmäuse, unter den Vögeln einige Raubvögel, ein Würger, ein Steinschmätzer und Wüstenläufer, unter den Reptilien einige Eidechsen- und Schlangengattungen (Coctopeltis, Psammophis Zamenis). Die 1,5–1,8 Mill. starke Bevölkerung besteht, abgesehen von 60,000 Juden und 90,000 Christen, aus Mohammedanern, Berbern und Arabern (vielfach gemischt). Die Juden (meist aus Spanien und Portugal) wohnen in den Städten und genießen unter der französischen. Herrschaft gleiche Rechte mit andern. 1901 gab es Franzosen 24,200, Italiener 67,400, Malteser 12,000, Spanier, Griechen, Schweizer, Österreicher etc. 3200, Europäer zusammen also etwas über 100,000. Die 144 französischen öffentlichen Schulen wurden 1905 von 20,377 Schülern besucht, daneben bestehen mohammedanische Schulen (die Schule der großen Moschee mit 700 Studierenden). Von der Gesamtfläche sind 47 Proz. fruchtbares Land, 10 Proz. Hochlandsteppen, 43 Proz. Wüste. Unter Kultur waren 1905: 1,059,000 Hektar. T. ist ein Ackerbaustaat. Die Dattelernte im Biled ul Dscherid ist eine der wichtigsten Einnahmequellen. Ferner werden erzeugt: Weizen, Hafer, Mais, Gerste, Sorgho, Bohnen, Olivenöl, Wein. Die Erträgnisse der Staatsforsten (1905 auf 134,000 Hektar geschätzt) ergaben ca. 1 Mill. Fr. Der Viehbestand betrug 1904: 35,596 Pferde, 113,985 Esel und Maulesel, 183,748 Rinder, 1,094,761 Hammel und Schafe, 574,281 Ziegen, 147,229 Kamele, 15,357 Schweine, ist aber 1905 infolge anhaltender Trockenheit sehr zurückgegangen. Fischerei (1905) auf Anschovis (173,815 kg), Sardinen (136,043 kg), Thunfische (1,932,000 kg), Allasch (939,268 kg). Schwämme (1906: 150,619 kg) und Polypen (163,956 kg) wird namentlich von Italienern betrieben. Der Bergbau liefert Blei und Zink (1905 für 5 Mill. Fr. Ausfuhr), vor allem aber aus den 60 km langen Phosphatlagern von Gafsa und den neu aufgeschlossenen Lagern von Kalaa-Djerda und Kalaa-es-Senam Phosphate (13 Mill. Fr.). Die Industrie erzeugt rote Mützen (Fes), Saffian, Korbwaren, Teppiche, Seiden- und Wollwaren, irdenes Geschirr; neu ist die lebhaft aufblühende einheimische Mühlenindustrie, so daß das Getreide meist jetzt im Lande verarbeitet werden kann. Der wachsende Handel (seit 10 Jahren verdoppelt) konzentriert sich besonders in der Stadt T. (Goletta), Biserta, Mehdia, Sfaks, Susa und Dscherba. Die Einfuhr (sie war zum ersten Male 1904 zum Stillstand gekommen, was man den hohen Zöllen [1904] auf ausländisches Mehl und Getreide zuschiebt) betrug 1905: 90,954,168 Fr. (davon aus Frankreich und Algerien 56,701,339 Fr.), die Ausfuhr 58,276,583 Fr. (nach Frankreich und Algerien 31,377,072 Fr.). Eingeführt werden baumwollene Zeuge, Eisen, Blei, Manufakturwaren, Wein, Branntwein, Zucker, Kaffee etc., aus dem Sudân Senna, Straußfedern, Gummi, Elfenbein, ausgeführt wurden Olivenöl (6,3 Mill. Fr.), Vieh, Wein. Gerberlohe, Häute, Halfa, Fische und Bergwerkserzeugnisse. Tabak, Salz (über 1/2 Mill. kg), Kriegswaffen, Pulver, Zündhölzer und Spielkarten sind Staatsmonopol. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 799-801. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007615116

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