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Tibeter  

Definition

  • Duden: Einwohnerbezeichnung | [Anm.: unvollständig: Einwohnerbezeichnung zu Tibet] | Duden: Tibet: 1. autonome Region in der Volksrepublik China | 2. Hochland in Zentralasien | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1909: Tibet, großes Gebiet Innerasiens, zwischen 27–39° nördl. Br. und 78–102° östl. L., begrenzt von dem Hauptkamm des Himalaja im S., von einer unregelmäßigen Linie gegen das Karakorumgebiet im W., vom Altyn Tagh und Nanschan im N. und den chinesischen Provinzen Kansu und Sz'tschwan im O. (s. die Karten »Zentralasien« und »China«), ist einschließlich des in diese Grenzen einbegriffenen Kuku-Nor-Gebiets 2,109,000 qkm groß, wovon ein Teil im W. zum britisch-indischen Vasallenstaat Kaschmir, ein andrer im O. zu Sz'tschwan gehört, der weitaus größte Teil aber ein chinesisches Nebenland bildet. Die Angaben über die Einwohnerzahl schwanken zwischen knapp 11/2 und 61/2 Mill. Im großen unterscheidet man: das Tschangtang, den Hauptteil des Hochlandes; das Bodjul im S. und SO.; das Kuku-Nor-Gebiet im NO. | Trotzdem die Erforschung von T. seit Jahrzehnten einen Gegenstand des geographischen Ehrgeizes bildet, sind noch sehr große Gebiete unbekannt. Im ganzen ist T. das größte und höchste Plateau der Erde, entspricht dieser Bezeichnung aber nur in gewissen Grenzen. Der weitaus größte Teil wird vom Gebirgssystem des Kwenlun (Streichen etwa W. bis O., genauer W. zu N. bis O. zu S.) beherrscht; jedoch wird dadurch in den westlichen Zweidritteln der Charakter des Plateaus wenig gestört, da dieses bereits eine Meereshöhe von wenigstens 4000 m hat, die Gebirgszüge im Innern aber im allgemeinen nur 1000–1500 m in meist sanften Wellen darüber ansteigen. Eine Ausnahme bilden zunächst die Randzonen: Im S. finden sich in den beiden Hauptvorketten des Himalaja noch sehr bedeutende Erhebungen (Gangri oder Kailas im N. der Quellseen des Indus mit 6650 m, Nintschen-tangla im S. vom Tengrinor 7300 m, Nojin im W. des Yamdoksees 7200 m); im W. erreicht der Alung-gangri nördlich vom obern Indus 7200 m, der Lariphai und andre Höhen weiter nördlich 6250 bis 6400 m; im N. weist der Randzug des Altyn oder Altun Tagh an 7000 m auf. Außerdem aber werden im nördlichen Teil die Ketten nach innen zu noch höher: Prschewalskijkette bis 7360 m und namentlich der daher auch als Zentralkette bezeichnete Zug etwa unter 33–34° nördl. Br., der in dem Dutreuil-, Dupleix- und Tanglagebirge bis 8000 m Meereshöhe zu haben scheint. Ebenso stellt das System des Nanschan (s. d.) im NO. eine Folge gewaltiger Ketten dar. Im südöstlichen Teil schwindet der Plateaucharakter unter der Herrschaft der Entwässerung zum Meere. Hier, in der Gegend des Tangiagebirges, entspringen der Salwen, der Mekong und der Yangtsekiang, im NO. der Hwangho, am Südrand der Indus und Brahmaputra, am Nordrand einige Zuflüsse des Tarim. Sonst ist ganz T. ein abflußloses Gebiet und mit zahlreichen, meist[522] salzigen Seen bedeckt. Die größten davon sind kam Südrande der Yamdok und die Manasarowar; zwischen 30 und 32° nördl. Br. Tengri-Nor, Gjaringtso, Kjaringtso, Ngangsi, Dangrajum und viele andre; am Westrand Tscharol, Horpatso etc.; am Nordrand Atjik-, Ajakkum- und Gass-Kul; im NO. die Quellseen des Hwangho und des Kuku-Nor (s. d.). Die Zahl und Größe der Seen scheint früher noch größer gewesen zu sein. Auch außerhalb der Seen ist der Boden vielfach sumpfig; der größte zusammenhängende Sumpf ist der Tsaidam (s. d.) im NO. [...] | Die Bevölkerung gehört der großen Mehrzahl nach zu den eigentlichen Tibetern (Bod-dschi), einem mongolischen Volke; daneben gibt es eigentliche Mongolen (Sokpa), Türken (Hor) und Kirgisen im N., Chinesen und einige Inder in Lhassa und andern Städten. Die Tibeter wohnen außer in T. noch in Bhutan, Sisan und in den obern Stufenländern der hinterindischen Flüsse sowie in Ladak und Baltistan im W. Den Charakter des Tibeters kennzeichnen kriechende Unterwürfigkeit gegen Mächtige, Übermut gegen Niedrige. Unter den Reichen herrscht Polygamie, unter dem Volke Vielmännerei bei Brüdern. Gesellschaftlich gliedert sich die Bevölkerung in Geistliche und Laien; leider übt die Welt- und Klostergeistlichkeit beider Geschlechter keinen guten Einfluß auf die Sittlichkeit des Volkes aus. Doch findet wissenschaftliche Bildung in den zahlreichen Klöstern eine anerkennenswerte Pflege, auch ist die Bildungsstufe des Volkes nicht gering (vgl. Tibetische Sprache und Literatur). Die Hauptbeschäftigung ist Viehzucht, dann Ackerbau; dieser erreicht hier die größte Meereshöhe (bis 4600 m). Die gewerbliche Tätigkeit beschränkt sich auf Anfertigung von groben Wollgeweben, Filz und Metallarbeiten für den Hausbedarf. Der Handel mit Indien betrug 1906 bei der Einfuhr 1,832,710, bei der Ausfuhr 1,919,180 Rupien. Den Verkehr mit China wie den Binnenhandel haben die Klöster und die Großen des Landes in Händen. Waren werden auf den Rücken von Yaks, Schafen und Ziegen oder auch von Menschen befördert, Kunststraßen fehlen. Nach China werden ausgeführt Woll-, Filz- und Metallwaren, ferner Metalle, Gold aus den Gruben von Tokdharakun und Sarthal, Edelsteine, Moschus, Pelze, Hirschhorn; eingeführt Tee (meist Ziegeltee), Tabak, seidene Tücher. Große Zahlungen macht man in Tarihma mit aufgeschriebenem Gewicht oder in Goldstaub, kleinere in Silberstücken zu einem von dem Einnehmer ausgeprägten Werte oder in durchlochten Sapeken (Tong-Tsïen). Religion ist der Buddhismus in der tibetischen Form, begründet von dem Mönch Tsonkhapa (1358–1419). Das geistliche Regiment ruht in den Händen des Dalai Lama (s. d.), dessen Inthronisation erst nach Genehmigung des Kaisers von China stattfinden kann. Unter dem Dalai Lama stehen die Klosteräbte, unter diesen die Priester (Lama), alle dem Zölibat unterworfen und in verschiedene Klassen zerfallend. Die Regierung führt der lebenslänglich vom chinesischen Kaiser ernannte Regent (Nomokhan), dem noch fünf Minister zur Seite stehen. Die Klöster (Gompa) sind weitläufige Gebäude (zuweilen eine ganze, von Ringmauern umgebene Stadt) und reich mit liegenden Gründen bedacht. Durchschnittlich wird aus jeder Familie ein Sohn Lama. Die religiösen Gebräuche unterstützen den Aberglauben; weltbekannt ist die Anwendung der Gebetmühle (s. Gebetmaschinen). Die Hauptfamilienakte vollziehen sich ohne Segen des Lama; aber bei jedem sonstigen Anlaß braucht man den Lama als Geisterbeschwörer, der dabei große Fertigkeit in höherer Gaukelei bekundet. Der eigentliche Gottesdienst ist durch Gepränge, Musik und Weihrauch geistverwirrend (vgl. E. Schlagintweit, Buddhism in T., Leipz. 1863). Eine zwischen 1861 und 1870 durch französische Missionare in Bonga, südöstlich von Lhassa, eingerichtete Missionsstation wurde unterdrückt. Die Verwaltung wird unter zwei chinesischen Residenten in Lhassa durch einheimische Beamte geführt sowie durch den Gouverneur von Kuku-Nor (Sining). Die einheimische Truppenmacht besteht aus Tanguten; daneben sind etwa 4600 chinesischer Truppen unter direktem Befehl eines der Residenten in verschiedenen Garnisonen über das Land verteilt. Hauptstadt ist Lhassa. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 522-525. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007584326

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