Angaben zum Begriff
Bevorzugte Bezeichnung
Begriffs-Schema: https://vocabs.acdh.oeaw.ac.at/traveldigital/ConceptScheme
Definition
- Duden: 1. a. Einwohnerbezeichnung zu Persien; Iraner | b. Angehöriger einer Ethnie in Vorder- und Zentralasien, deren verbindendes Element die persische Sprache ist | Duden: Persien: alter Name von Iran | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1908: Persĭen (hierzu die Karte »Persien«), im Lande selbst Iran genannt, vorderasiatische Monarchie, die größere Westhälfte des alten Ariana, im N. vom Fluß Aras, dem Kaspischen Meer, dem untern Atrek und dem Nordabhang des nördlichen Randgebirges von Chorasan bis Serachs, im S. vom Persischen Meerbusen und Arabischen Meer begrenzt, während es im W. in dem armenisch-kurdischen Hochgebirge an Türkisch-Kurdistan und Irak Arabi, im O. an Afghanistan und Belutschistan stößt. Der Flächenraum wird zu 1,645,000 qkm, die Bevölkerung (1902) auf 91/2 Mill. (s. unten, S. 610) geschätzt. [...] | Bevölkerung, Kultur. | Die Zahl der Bevölkerung Persiens läßt sich in Ermangelung einer eigentlichen Zählung nicht genau angeben; Houtum-Schindler schätzte 1881 folgendermaßen: [...] | (4,6 Menschen auf 1 qkm), doch werden neuerdings im ganzen 9,5 Mill. angenommen. Davon sind etwa 8 Mill. Schiiten, 800,000 Sunniten und mohammedanische Sektierer, 9000 Parsen, 35,000 Juden, 45,000 Armenier, 25,000 Nestorianer und Chaldäer. Diese Bewohner sind nach Abstammung, Sitte und Sprache außerordentlich verschieden (Perser, Turktataren, Turkmenen, Armenier, Nestorianer, Chaldäer, Juden, Kurden, Araber, Zigeuner, Neger, Afghanen, Belutschen, Hindu, etwa 1200 Europäer etc.). Die Mehrzahl besteht aus Tadschik, den seßhaften Ureingebornen oder Ureinwanderern, namentlich im NW., im S. und in den mittlern Provinzen. Daneben besteht ein Viertel oder ein Drittel der Bevölkerung aus eingewanderten Stämmen, die sich durch Gewohnheiten und Lebensweise von jenen unterscheiden. Sie heißen Ilijat (d.h. Familien) und bewohnen die Nordostgrenzen und die Gebirgsländer im NW., W. und SW. Einige leben stets unter Zelten, im Winter in den tiefern Ebenen (Kischlaks oder Winterquartiere), im Sommer auf den kühlern Bergen (Jailaks oder Sommerquartiere); andre in Städten. Nahrung und Kleider geben ihnen ihre Schafherden, aus deren Milch sie die durch ganz P. verkaufte flüssige Butter (Raffan) bereiten; Pferde und Kamele ziehen sie zum Verkauf. Außerdem besitzen sie Rinder, Maultiere, Ziegen, Esel und schöne Hunde. Jedem Stamm ist sein Bezirk angewiesen, und wo einer darüber hinausgreift, entstehen harte Kämpfe, die z. B. in Luristan nie ganz aufhören. An der Spitze der kleinen Gemeinden nehmen Alte oder Risch e sefids (»Weißbärte«) die Rechte ihres Stammes auch der Regierung gegenüber wahr, schlichten Streitigkeiten und vollziehen die Verordnungen des Gouverneurs (Hakim). Von Geld wissen die Ilijat wenig, sie zahlen mit Schafen oder Wolle. Ihre schwarzen Zelte bestehen aus Ziegenhaarfilz, den die Frauen weben, ihre Gerätschaften aus Teppichen, die einen gesuchten Handelsartikel (Ausfuhr 1904 über 8 Mill. Mk.) bilden, Polstern, dem nötigen Küchengeschirr, einem Kessel zum Butterauslassen und einem Schlauch zur Bereitung von saurer Milch und Butter. Die Ilijat sind zwar zu Kriegsdienst und Abgaben verpflichtet, aber verhältnismäßig viel weniger belastet als die übrigen Perser. Viele Ilijat sind mit der Zeit feste Städtebewohner geworden, so daß man Schehr nischin (Städter) und Sohra nischin (Feldbewohner) unter ihnen unterscheidet. Die Ilijat umfassen verschiedene Völkerstämme. Bis zur Eroberung Persiens durch die Araber (um 650) mag die Bevölkerung weniger gemischt gewesen sein, aber von da an wird das Volk allmählich ein andres. Um die Mitte des 13. Jahrh. kamen mongolische Scharen unter Hulaga von O. her ins Land, und Timur durchzog mit seinen Scharen seit 1380 mehrfach das ganze Gebiet und brachte neue Mischungen hinzu. Daher unterscheidet man türkische, arabische und lakische Ilijat mit eigner Sprache und eigner Tradition bezüglich der Urheimat und der Wanderung nach P. Der zu den türkischen Ilijat gehörige, noch um Astrabad wohnende, an Zahl schwache Stamm der Kadscharen beherrscht durch die jetzige, aus ihm hervorgegangene Dynastie, welche die Türken vor den Persern bevorzugt, die ganze übrige Bevölkerung. Zu den lakischen (altpersischen Ursprungs) gehören die Kurden in Chorasan (275,000) und im W. Persiens und die Luren, die in Feili (kleine) und Bachtijaren (große Luren) zerfallen. Außerdem finden sich in allen Städten Juden; im NW. (Aserbeidschân, im O. von Ardilan, im NW. von Irak Adschmi und zwischen Ispahan und Kirman) Türken; am Urmiasee und bei Ispahan Armenier; im SW. und an der Straße von Hormuz Araber; im NO. Turkmenen: fast alles kriegerische und räuberische Völker. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 608-618. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007235186